CALIFORNIAN RHAPSODY

SAMMLUNG FALCKENBERG IN DER VILLA SCHÖNINGEN

22. November 2014 – 15. March 2015

Get In, Get Rich, Get Out

Kalifornische Kunst aus der Sammlung Falckenberg mit Arbeiten von John Baldessari, Lewis Baltz, Lynn Hershman Leeson, Dennis Hopper, Mike Kelley, Mike Mandel/Larry Sultan, Paul McCarthy, Raymond Pettibon, Jason Rhoades, Thaddeus Strode und Christopher Williams.

Kalifornien ist die Traumfabrik der amerikanischen Frontier-Bewegung. Es geht um Freiheit: politische Freiheit, religiöse Freiheit und wirtschaftliche Freiheit. Diese Trias steht nicht nur für den Aufbau einer neuen Heimat, sondern ist zugleich Ausdruck der Auflehnung gegen die Eliten Neu-Englands mit dem verhassten Washington als Schaltzentrale. „Go West“ hieß die Zauberformel. Aber es waren nicht nur ehrbare Siedler und Religionseiferer, die sich auf den unendlichen Ebenen des Mittelwestens etablierten, sondern ebenso Glücksritter, die im Goldrausch über die Wüsten des Westens nach Kalifornien aufbrachen, um ohne Rücksicht auf die Natur, die Tierwelt und die Lebensgrundlagen der indianischen Urbevölkerung zu schnellem Reichtum zu kommen. Es war ein System der Ausbeutung, das mit der Devise „Get In, Get Rich, Get Out“ ihren markanten Ausdruck gefunden hat.

Die solide Wirtschaft der USA war mit den Handelszentren Chicago und St. Louis und der Automobilindustrie von Detroit im Mittelwesten und dem Finanzzentrum New York im Osten verankert. Kalifornien blieb das Land der Träume mit Hollywood als Symbol rudimentärer Sehnsucht nach Freiheit. Heute im internationalen Wettbewerb hat der Mittelwesten abgewirtschaftet, mit Detroit als Leiche im wahren Sinne des Wortes. Nicht mehr Handel und Industrie beherrschen das Terrain. Die Dienstleistungsgesellschaft mit den vielfältigen Möglichkeiten, schnell zu viel Geld zu kommen, hat das Regime übernommen. Das Finanzzentrum New York steht nach wie vor, aber die wesentlichen Impulse der längst weltweit dominierenden Computer- und Internetsysteme Microsoft, Apple, Google, Amazon und Facebook sind in Kalifornien entwickelt worden – als Idee des Science Fiction in der Garage blitzschnell umgesetzt in reale Wirtschaftsmacht. Die amerikanische Legende vom Tellerwäscher zum Millionär hat ausgedient. Und einmal mehr sind es wenige Superreiche wie Bill Gates, Steve Jobs, Larry Page und Jeff Bezos, die das Image Kaliforniens als Standort der Pioniere von Ideen und Innovation prägen. Sie sind, wenn man so will, die legitimen Nachfolger der Glücksritter und Profiteure alter Tage.

All das hat viel zu tun mit der Kunst als Spiegel der Gesellschaft. Sie wurde und wird heute noch, auch international, zentral in New York vermarktet. In Kalifornien hat sie seit Jahrzehnten als Subkultur mit führenden Vertretern wie John Baldessari, Lewis Baltz, Mike Kelley, Lynn Hershman Leeson, Paul McCarthy, Raymond Pettibon, Jason Rhoades und Ed Ruscha, um nur einige zu nennen, Widerstand geleistet. Sie setzt sich mit der realen Situation der Menschen jenseits von Glamour und Reichtum auseinander. Das genau ist das Thema dieser Ausstellung.

Die Villa Schöningen als Ausdruck vergangener Machtentfaltung ist der ideale Standort der Ausstellung. In den sechs Räumen der Villa ist sie nach den Themenkreisen „Hollywood“, „American Tragedy“, „Artist’s Art Sale“, „Human Conditions“, „Beauty“ und „Conceptions“ gegliedert.

Harald Falckenberg, November 2014